Wie man mit Zahlen manipuliert
Wenn man Menschen sieht, die alleine im Auto sitzen und eine Schutzmaske auf haben, wenn sich Fahradfahrer in freier Natur vorsichtshalber eine Schutzmaske aufziehen und ihnen dies nicht peinlich vorkommt, wenn Jogger sich eine Maske aufsetzen und damit darauf verzichten wohltuende Frischluft an sich ran zu lassen, um ihr Immunsystem vorteilhaft zu unterstützen, weiß man spästestens dann, dass alle Hypochonder dieser Welt sich zu vereinigen scheinen und vermehrt Zulauf bekommen.
Denn: Wenn man sich nur über ARD, ZDF, RTL, ntv etc informiert, und die Zahlenpräsentation des John Hopkins Institutes und des RKI Institutes kritiklos akzeptiert, dann muss man Angst bekommen und von Panikattacken so maltraitiert werden, dass man sich höchstens noch mit einem teuren Schutzanzug in der Öffentlichkeit zeigt oder gleich für immer in der eigenen Wohnung bleibt, sofern man eine Pizza umsonst telefonisch bestellen könnte beim Pizzaservice um die Ecke. Wie man die Telefonrechnung bezahlt, wäre dann noch eine weitere Frage.
Aber auch wenn man sich den gegenwärtigen Freiheits einschränkenden Auflagen gegenüber gesetzestreu verhält, weil man der Auffassung ist, dass sie befristet sind und dass auch falsche, nicht zielführende Gesetze eingehalten werden sollten, weil sonst ein Zustand befördert werden würde, bei dem keinerlei Gesetzgebung mehr befolgt werden würde und man so in einen Zustand geriete, der als gesetzlos bezeichnet werden könnte. Auch wenn man dieser Auffassung ist, und der Verfasser dieses Artikels ist dieser Auffassung, dann heißt dies noch lange nicht, dass man die gegenwärtig getroffenen Maßnahmen und deren Begründung kritiklos hinnimmt.
Wir schreiben heute den 20. April 2020. Stand 12.30h werden von der John Hopkins Universität folgende Zahlen präsentiert: Infizierte 145. 743, Genesene 91. 500, Todesfälle 4.642 Verdopplungszeit 34,6 Tage. Natürlich wirkt es Angst schürend, wenn die Infiziertenzahl kumuliert dargestellt wird und die mit einem Algorhythmus berechneten und aufgeführten Genesenen nicht abgezogen werden. Auch die aufgeführten Todesfälle können Angstschweiß treibend sein, wenn man nicht unterscheidet zwischen mit Covid 19 Verstorbenen und an Covid 19 Verstorbenen. Dann hätte man von Beginn an obduzieren müssen, was nach dem Hamburger Rechtsmediziener Prof. Klaus Püschel kein Problem gewesen wäre. Aber das RKI.....lassen wir`s...
Gerne würde man auch mal in der Tagesschau Zahlen zur Prime Time serviert bekommen, die nicht aus dem Zusammenhang gerissen sind, sondern z.B die durchschnittliche Gesamtmortalität der Vorjahre berücksichtigen oder auch die genaue Anzahl der Testungen. Auch würde man gerne mal in der Tagesschau erfahren, wieviele Menschen in den Altersheimen aufgrund der schweren Grippewelle 2017/2018 gestorben sind. Meines Wissens gab es darüber aus aktuellem Anlass keinerlei Berichterstattung.
Doch sprechen wir wieder vom RKI: Warum dieser special die Regierung beratende Club nicht von Beginn an repräsentative Stichprobentestungen eingeleitet hat, um erstens die Dunkelziffer der asymptomatischen Fälle besser zu erfassen und zweitens eine aussagekräftigere Zahl bezüglich der Ausbreitung von Infizierten zu bekommen und so auch die Anzahl der Todesfälle besser hätten eingeordnet werden können, verstehe wer will. Die jetzige Datenlage stellt nach wie vor keine Grundlage für tiefgreifende Entscheidungen dar. Das RKI hatte alle Zeit der Welt und beschwichtigt, dass Stichprobentestungen im Mai stattfänden auf der Basis von Antikörpertests. Wieviele Menschen bis dahin ihren Arbeitspaltz verloren haben werden, scheint von untergeordnetem Interesse zu sein.
Bezeichnend für die allgegenwärtige Panik ist auch, dass Experten, wie zum Beispiel der besagte Prof. Klaus Püschel, sich in Sachen Diplomatie selbst überbieten und man den Eindruck gewinnt, sie könnten auch eine federführende Position beim diplomatischen Dienst Deutschlands in Bälde antreten. Anders kann es nicht verstanden werden, dass er kritiklos ohne Restzweifel bestätigt, dass die gegenwärtig getroffenen Maßnahmen seitens der Bundesregierung dazu beigetragen hätten, die Ausbreitungsrate der Infizierten zu reduzieren. Ist das der Bückling, ist das der Geßlerhut, der gebraucht wird, sich auch mal was argumentativ zu trauen. Bei einem Interview (ca. ab Minute 40.30) mit dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft Unternehmensverband Deutschlands e.V.,sagt Püschel folgendes": ........aber ich finde, wir müssen die Jüngeren jetzt wieder loslassen. Wir müssen es möglich machen, dass sie zur Schule gehen, und in gewisser Weise auch, dass sie in diesen Kreisen etwas schneller die Durchseuchung erhöhen, als uns das erklärt wird, dass es sinnvoll ist mit diesem 1:1 Verhältnis................." Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, war am 19 .April in der sonntäglichen Abendsendung bei Anne Will nicht ganz so diplomatisch. Womöglich haben ihn die einseitigen Angst schürenden Verantwortungsgebaren des sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer ein wenig provoziert, so dass ihm folgende Bemerkung im Eifer des Gefechts rausgerutscht ist: "Und vielleicht ein Hinweis noch: "Diese Reproduktionsrate wird ja immer oft genannt. Das RKI hat für den 20. März ausgewiesen, dass R unter 1 gerutscht ist und seitdem sich bei 0,9 bewegt, also vor dem Lockdown." Was nichts anderes bedeutet, als dass der Lockdown keinen Sinn gehabt hat. Diese Aussage von Hüther, der in der gemütlichen Runde bei Anne Will (ab ca Minute 24,35) zugeschaltet war, wurde von den anwesenden Medienprofis geflissentlich ignoriert, nachdem diese immer wieder Glaubensbekenntnisse von sich gaben und sich gegenseitig versicherten, dass die gegenwärtigen Maßnahmen greifen würden.
Ob in der jetzigen Lage der verstorbene Psychologe Erich Fromm noch ein Buch schreiben würde mit dem Titel "Wege aus einer kranken Gesellschaft" lasse ich dahingestellt. Natürlich sollte man die Hoffnung nicht ganz außer Acht lassen. Ich habe noch Hoffnung. Zwar wird es vielen Menschen kaum gelingen, sich die tief in ihnen sitzende Angst selbst auszutreiben, aber der Focus der Angst könnte sich im Lauf der Zeit doch ändern. Das Hotel mit dem klangvollen Namen "Unter der Brücke" könnte in Anbetracht des umfangreichen Nichtwissens die womöglich überschätzten wie unterschätzten Gefahren des Corona Virus relativieren.
Ralf Scherer